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Der vergangene Mittwoch könnte, wenn er nicht beim Hinterherbetrachten doch recht lustig war, eigentlich ersatzlos gestrichen werden. Ein fast verkorkster „Abschiedskuchen“, zum Adieu sagen zu einem unserer, an und ins Herz gewachsenen Klienten. Eine dicke Zeigefingerbrandblase durch mutige Naivität hinzugezogen waren nur einige, wenige Indizien für einen Totalausfall meiner menschlichen Gehirnzellen. Und das alles nur wegen meinen, immer häufiger vorkommenden Spontaneinfälle unter der Diktatur meines Bauchgefühls. Ich bin`s ja selbst schuld, dass ich meinem Bauch oftmals mehr Gewichtung zugestehe als meinem Verstand. Aber bevor ich mich jetzt wieder in lauter: „Hätte ich mal besser auf meinen Verstand gehört und anderen „hätte ich…“ verliere, erzähle ich einfach mal, was sich zugetragen hat und damit dem Drama seine Ehrerbietung verlieh.
Zunächst einmal verlief der Start in den Tag recht angenehm. Mein Urlaub hatte gerade begonnen und die Renovierungsarbeiten in der Wohnung hatten auch seit dem vorherigen Tag ihren Abschluss gefunden. Heute hatte ich außer einem Besuch in der Tagesstrukturgruppe an meiner Arbeitsstelle nichts weiter vor. Warum ich gerade in meinem Urlaub dort hin wollte, fragt ihr euch sicherlich und auch zurecht 😉
Es hat sich bereits schon seit einigen Monaten abgezeichnet, dass einer unserer Betreuten, nennen wir ihn hier mal Wolfram, aufgrund seines fortgeschrittenen Alters und damit einhergehenden gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr lange im ambulant betreuten Wohnen verbleiben konnte. Nach eingehenden Gesprächen und intensiven Überlegungen der verantwortlichen Personen, darunter auch die Hauptperson Wolfram, wurde dann einstimmig beschlossen, dass eine Unterbringung in einer stationären Wohnform die beste Lösung sei. Obwohl sich der Weg vom ursprünglichen Gedanken über die Gespräche und letztendlich zur Umsetzung des Umzugs einige Monate dauerte, war es für uns nun doch recht plötzlich und überraschend.
Wolfram ist in der Tagesstrukturgruppe (TSG), von Anfang an mit dabei und allseits beliebt. Nun hat sich Wolfram gewünscht, dass der letzte Tag als Mitglied in der TSG mit Kaffee und Kuchen gefeiert wird. Zu dieser Abschiedsfeier wurde ich dann auch eingeladen.
Bis hierhin lief alles noch glatt. Die Zeit habe ich mir vorausschauend geplant, keine weiteren Termine… Wie gesagt, bis hierhin.
Mein Bauch überlegte spontan, dass ich als Mitbringsel doch einen Kuchen backen könnte. Mein Verstand meinte, dass ich für die Backaktion noch nichts eingekauft habe, worauf mein Bauch meinte, dass der Kuchen variabel nach vorhandenen Vorräten ausgewählt werden kann. Wer nun dabei bei dem Schlagabtausch den Sieg davontrug, brauche ich euch wohl nicht zu erzählen *lächel* Wer den weiteren Verlauf dieses Morgens lesend verfolgt, wird vermutlich feststellen, dass sich mein Verstand schmollend in die Ecke verzog und beschlossen hat, an diesem Tag nicht mehr in Aktion zu treten.
Nach der Inspektion der Vorräte stellte ich fest, ein Käsekuchen mit Kirschen auf Mürbeteigboden sollte es werden. Das passende Rezept wurde ausgedruckt und ich machte mich gleich an die Arbeit. 300 g Butter standen im Rezept. Ich dachte noch, das ist schon ganz schön viel für den Mürbeteigboden. Der Gedanke kam und ging nach einer Sekunde, denn wenn es so dort steht, so dachte ich, wird es auch seine Richtigkeit haben. Nach dem Verkneten der Zutaten sollte ich den zuvor geruhten Teig auf dem Backblech ausrollen. Doch dieser war eher streich- als . Ich wunderte mich ein wenig und beförderte ihn mithilfe des Teigspaten auf das Blech. Der Teigboden sollte für etwa 10 Minuten auf 200 Grad vorbacken und danach erst die Käsemasse mitsamt Kirschen auf ihm verteilt werden. Das Backblech wanderte in den Ofen und ich wischte die Arbeitsfläche sauber und nahm mir das Rezept zur Hand, um zu lesen, wie es weitergeht. Was mir ins Auge fiel, war, dass ich der Käsemasse 150g zerlassene Butter zufügen solle. Dachte noch so, dass stand doch gar nicht in der Zutatenliste. Nochmals 150 g Butter? Da kann doch irgendetwas nicht stimmen, las nochmals und langsam wurde mir klar, dass der Kuchen zumindest so nun mal gar nichts werden konnte. Die Hälfte der Butter sollten in den Mürbeteigboden und die andere Hälfte für den Käsekuchenteig wandern.
Aber gottseidank hatte ich das Backblech gerade eben erst in den Backofen geschoben. So dachte ich… Wenn ich nun schnell das Blech wieder heraushole, den Teig wieder in die Schüssel befördere und aus diesem Teig exklusive der Butter die doppelte Menge mache, könnte ich den Kuchen dennoch verwenden. Dass aber seit der Erkenntnis und dem Eingreifen zur Schadensverminderung bereits mindestens 5 Minuten vergangen sind, habe ich dabei nicht bedacht. Ich griff also beherzt und ohne Topflappen in den Backofen, wollte schnell das Blech herausholen, bevor es zu spät war. Für meine Finger war es definitiv zu spät und ich konnte nur mühsam den Schmerzensschrei unterdrücken. Meine Strafe erhielt ich auch sogleich mit einer dicken Brandblase auf der Fingerkuppe.
Mit Pflaster versehen, fügte ich nun die fehlenden Zutaten zum Teig und siehe da, er ließ sich nun auch ausrollen.
Im Rezept stand, dass man für den Teig ein Päckchen Käsekuchenhilfe hinzunehmen solle. Ich nehme für den Kuchen stets Vanillepuddingpulver und nahm dann auch gleich mal ein Päckchen mehr, als sonst. Warum, weiß ich bis heute noch nicht.
Letztendlich hat der Backvorgang funktioniert und der perfekt gefärbte Käsekuchen konnte bis zum Besuch auskühlen.
Später bin ich dann zur Abschiedsfeier und habe den Kuchen mitgenommen. Vom Geschmack her war der Kuchen so, wie er sein sollte. Ein wenig zu fest im Teig, was wohl dem Zuviel an Puddingpulver geschuldet war, aber dennoch lecker.
Das Fazit des Ganzen:
Beim nächsten Mal sollte ich wohl besser doch mal erst mit beiden Füßen von dem gedanklichen Schlauch heruntersteigen, bevor ich meine Gedanken in die Tat umsetze. Mal schauen, wie lange ich diese Erkenntnis in meinem Erinnerungsvermögen halten kann 😉