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Nachdenklich blicken meine Augen aus dem Fenster. Aus der vierten Etage habe ich einen ganz guten Blick in die Ferne, sofern das Wetter es zulässt. Weit genug, dass sich meine Gedanken auf dem Weg zum Horizont und darüber hinaus verlieren können, wenn sie es nur wollten. In dieser Jahreszeit merkt man erst so richtig, dass die Natur sich vom Sommer mit großem Paukenschlag und wundervollen Farbenspielen im Herbst verabschiedet.
Irgendwie mag ich diese Jahreszeit. Am Abend sitze ich gerne unter der dicken Flauschdecke, trinke Tee, schaue dabei fern oder mache Handarbeiten, höre Hörbücher, da ich meine Hände und Augen für alles andere brauche, aber nicht zum Seitenblättern. Am frühen Morgen sitze ich mit meinen Gedanken und lasse sie in die Ferne reisen. Für den Winterblues hat meine Seele selbst in dieser Jahreszeit nicht wirklich Zeit, wenngleich ich auch Traurigkeiten zulasse. Sie gehören in manchen Momenten einfach dazu und zeigt mir die schöneren Momente, erst richtig zu wertschätzen. Das Leben richtig genießen kann ich erst, wenn ich auch die andere Seite kenne.
Gerade heute habe ich mal wieder in den Schulunterlagen aus meiner Ausbildung geblättert und einen Arbeitsauftrag aus dem Fach Ethik in den Händen gehalten. Diese Ausarbeitung beschäftigte sich mit einem Fallbeispiel zum Thema Tod und mögliche Methoden der Trauer für die Hinterbliebenen. In der Aufgabe ging es um einen jungen Mann mit geistiger Beeinträchtigung, dessen Mutter im Sterben liegt. Hier sollten wir eine Antwort auf seine Frage: “Was kommt nach dem Tod?“ beantworten und die Möglichkeit, was man gemeinsam mit dem jungen Mann tun kann um ihm zu helfen, seine eigene Antwort zu finden. In meiner Beantwortung habe ich angegeben, dass ich zunächst den jungen Mann nach seiner eigenen Vorstellung fragen würde, was nach dem Tod kommen mag um daraus die mögliche Antwort und danach den individuellen Unterstützungsbedarf zu bilden.
Mein Vorschlag zur Unterstützung, bezogen auf das Fallbeispiel, waren u.a. eine sogenannte „Jenseitskiste“, bestückt mit unterschiedlichen Dingen (Fotos, Gebasteltem, Briefe uvm.), welche mit der Mutter verbinden. In Momenten der Traurigkeit können sie gleichzeitig trösten und schöne Momente in Erinnerung rufen.
Wenn ich so im Nachhinein darüber nachdenke, fiel es mir in der Vergangenheit immer etwas leichter, zu denken und handeln, wenn es gerade in diesem Thema nicht um mich persönlich ging. Und doch fühlte ich mich in irgendeiner Weise hilflos, nur noch funktionierend und der geistigen Erstarrung ausgeliefert. Kurzum, ich fühlte mich alles andere, aber nicht gut damit.
In der Ausarbeitung wurden dann noch zwei weitere Fragen gestellt, welche mich sehr nachdenklich machten.
1. Reflektieren Sie für sich: Was ist ihre persönliche Vorstellung von dem, ob und wenn ja, was nach dem Tod sein wird? Und 2.: Stellen Sie ihre Vorstellung dar
Mein erster Gedanke war spontan:“ Was sollen diese Fragen?“ und „die kann ich doch gar nicht beantworten!“ sowie: „ Die will ich eigentlich auch nicht beantworten, weil ich damit mein Innerstes, somit auch meine Ängste und Verwundbarkeit zum Ausdruck bringe.“
Was sollte ich tun? Es war nun mal ein Arbeitsauftrag, der mir dann die Zeugnisnote bescheren würde. Also musste ich mich auch damit auseinandersetzen. Ich bin auch kein Mensch, der irgendetwas dahinschreibt, weil es passt. Ich muss dahinterstehen können und ehrlich sein.
Was soll ich nun sagen? Ich bin froh, dass ich durch den Arbeitsauftrag praktisch gedrängt wurde, mich persönlich und für mich mit meinem eigenen Gefühlen bzgl. des Themas auseinanderzusetzen und Antworten zu finden. Es war letztendlich gar nicht so schlimm, wie ich es anfangs empfand. Den Mut zu haben, sich mit den Dingen nach meinem Leben auf irdenen Wegen auseinanderzusetzen haben mir ein wenig mehr an Gelassenheit gegeben und mich beruhigt. Jeder von uns hat andere Vorstellungen und auch jeder von uns hat andere Ängste im Leben und dem was danach kommt. Diese folgenden Antworten sind ganz persönlich auf meine Person und meine Gedanken abgestimmt. Aber vielleicht helfen sie dem ein oder anderen bei seinen eigenen Fragen?
1. Was ist ihre persönliche Vorstellung von dem, ob und wenn ja, was nach dem Tod sein wird?
Ich für meinen Teil habe keine definierte und greifbare Vorstellung von dem, was mich nach meinem Tod erwartet. Wünschenswert für mich selbst wäre es, die Welt zu verlassen und zu wissen dass ich alles, was ich mir als Lebensziel gesetzt habe, erreicht zu haben. Nichts unerledigt zu lassen. Meinen Menschen in meiner Umgebung eine Bereicherung in ihrem Leben gewesen zu sein und dass sie mich in guter Erinnerung behalten. Die Zeit, die mir bleibt, sinnvoll genutzt zu haben und mit dem Leben sowie mit dem Tod Frieden geschlossen zu haben. Friedlich und ohne Schmerzen einschlafen wäre noch ein Wunsch, den ich mir für mich wünsche.
2. Stellen Sie ihre Vorstellung dar
In meiner Vorstellung „male“ ich mir nicht den Tod aus, bzw. stelle mir vor, was mich danach erwartet. Eher ist es so, dass ich mir Gedanken mache wie es meiner Familie und Freunden geht, nachdem ich nicht mehr bin. Ich wünsche mir, dass sie einen Weg finden, mit der Trauer umzugehen und Menschen, die ihnen zuhören, sowie für sie da sind. Vielleicht noch, dass sie mich nicht ganz vergessen.
Ich selbst habe nur einen Auftrag im und für das Leben- für das, was mich nach dem Leben erwartet, habe ich keinen Plan.
Mein Auftrag im Leben habe ich vor einigen Jahren in einer meiner Erzählungen verschriftlicht: „25.06.15 Beipackzettel des Lebens“
Das Fazit des Arbeitsauftrags war die Note „sehr gut“
Das eigene Fazit meiner heutigen Gedankenreise:
Dank meiner gedanklichen Auseinandersetzung mit dem eigenen Wegesende kann ich mich ein wenig besser in die Situation hineinversetzen, wenn das Leben einen loslässt. Meines hing ebenfalls mal am seidenen Faden und es geschah auch im Novembermonat am 1.11.2012, wodurch ich mit einem zweiten Geburtstag beschert werde „Happy birthday to me“ 😉
Ich habe noch soviel vor im Leben und ich liebe und lebe mein Leben. Naja, vielleicht nicht an allen Tagen… meist dann nicht, wenn mein Verstand mal wieder einen „knockout“ von Seiten meines Bauchgefühls erlebt und ich durch ein Fettnäpfchen gleich ins Nächste stapfe. Aber auch das bin ich, so wie ich noch lange auf irdenen Wegen auf Reisen gehen möchte. Auf diesen Wegen möchte ich auch so oft wie möglich anderen helfen, ihren eigenen Weg zu finden.
Heute war es eine gedankliche Reise *lächel* Die zumindest darf ich derzeit tun, ohne die Kontaktbeschränkungen zu beachten. Euch allen einen wunderbaren Start in den Tag!