Schlagwörter
Lebensglück, Lebenswert, Liebe, Liebe mit Handicap, Lieben, Liebesglück, Suche nach Liebe
Seit Menschengedenken ist sie da. Sie, zunächst als winzig kleines Fünkchen, ein Hauch von Nichts. Dann breitet sie sich langsam aus, durchströmt unsere Glieder, arbeitet sich voran zur kleinsten Zehenspitze. Macht kehrt und dringt vor zur Fingerkuppe. Derweil breitet sie sich im ganzen Körper immer weiter aus, bis dass kein Nanometer mehr frei bleibt. Ist das vollbracht, fängt sie an, Wärme zu verbreiten, ein wohliges Gefühl, dass die Hormone sofort anfangen Ringelreihen zu tanzen und dabei jubilieren sie in ihren schönsten Tönen. Frau Endorphine und Tante Euphoria geben ihr Stelldichein, reichen Herrn Dopamin und Onkel Serotonin die Hände. Gemeinsam tanzen sie den Tango der Gefühle.
Apropos Gefühle! Ich empfinde so langsam das Gefühl, dass der Hafer anfängt zu stechen und ich mich mal wieder vor lauter Euphorie und Überschwang im Labyrinth der eigentlichen Geschichte von heute verliere und nur noch dummes Zeugs babbel.
Einsicht ist der erste Schritt, denke ich und kehre nun auch wieder zurück zur eigentlichen Linie meiner heutigen Gedanken. Ein letzter Blick auf das anfänglich Geschriebene geworfen, lässt mich denken, dass es sich so oder so ähnlich anfühlen kann, wenn einen das Gefühl übermannt. Das ganz besondere Gefühl von Liebe. Die Liebe ist einem jeden bekannt und wer sie einmal erlebt hat, ist stets auf der Suche nach ihr. Fasziniert von der Übermacht sind wir wehrlos und schmachten nach der großen Liebe, die unser Leben krönt. Leider gibt es auch viele, die in unglücklichen und lieblosen Partnerschaften verbunden sind, nicht fähig, sich aus ihnen zu lösen. Es gibt auch hier hunderttausend Gründe. Doch, dies alles zu erörtern, würde den Rahmen dessen bei weitem sprengen für das, worauf ich in meinem heutigen Beitrag näher herangehen möchte.
Für uns, die zumeist das Zepter des Lebens selbst in der Hand haben, gibt es heutzutage schier unendliche Möglichkeiten, einen Partner zu finden. Ob es jeweils der richtige Weg ist und ob sich wirklich ein passendes Pendant unseres Herzen finden lässt, ist nicht zu sagen. Genauso haben wir auch die Möglichkeit, es sein zu lassen, wenn man sich selbst genug ist, für einen Lebensmoment, eine Zeitlang oder auch ein ganzes Leben. Das nennt man Selbstbestimmung und ist eine Sache des Menschseins, welches im Grundgesetz (Art. 2 Abs. 1 GG) verankert ist.
Doch, wenn wir unsere Mitmenschen betrachten, gibt es eine Vielzahl, die aufgrund ihrer Beeinträchtigung, gleich welcher Art, gar nicht erst die Möglichkeit haben, einen geeigneten Partner zu finden. Manche, die kognitiv dazu in der Lage sind, sich auf die Suche zu begeben, machen oft schlechte Erfahrungen, werden finanziell ausgenutzt, wenn sie sich auf dubiosen Internet- Herzvermittlungs- Seiten einlassen. Manch einer, dessen Alltagsbewegungsradius sich nur auf die WfbM (Werkstatt für beeinträchtigte Menschen) und ihrer Wohnstätte mitsamt den Betreuern und Mitbewohnern beschränkt, hat es nicht gerade einfach, sich auf die Suche zu begeben und auch fündig zu werden. Ach, es gibt tausend Gründe dafür, warum das Scheitern der Suche ein ewiger Kreislauf ist. Dabei fühlen diese Menschen genau wie wir, haben die gleichen Träume wie wir, leben das gleiche Leben auf dieser Welt und sie haben ein solches Recht darauf, auch glücklich zu werden. Gerade sie, die oft vom Schicksal ein hartes Los auferlegt bekommen.
Dies macht mich in manchen Momenten unendlich traurig. Weiß ich doch, mit meiner großen Liebe in Form meines Mannes an meiner Seite, wie glücklich und zufrieden das Leben sein kann. Das Leben hat noch genügend andere Hürden, die es zu stemmen bedarf, die Liebe sollte jeder erfahren. Ich wünsche dieses Glück auch wirklich jedem auf dieser Welt. Doch ich kann als klitzekleines Lebenslicht nicht die ganze Welt retten.
Doch ich wäre nicht ich, wenn ich in meinem winzigen Lebensradius im Kleinen wirke und versuche, ein paar dieser Liebeshürden zur Seite zu rücken, damit der Blick die Sicht nach vorne ungetrübt gelingen kann. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Doch wer die Hoffnung aufgibt, hat bereits verloren. Meine Hoffnung auf ein paar Happy-endings ist schier unerschöpflich.
Mein Sohn Sascha, der sein Leben, wie schon häufiger in meinen Erzählungen erwähnt, ebenfalls mit Handicap bestreitet, ist ein junger Mittdreißiger und ein wahrer Charmeur vor dem Herrn. Sämtliche Damen werden bei ihm um mindestens 10 Jahre jünger geschätzt (das gefällt den Frauen ganz besonders!), werden von ihm mit Kaffee bewirtet und auf gedanklichen Händen getragen und hofiert, dass es eine Freude ist. Tief in seiner Seele, auch in seinem Verhalten ist er dennoch ein Mensch der zutiefst sensibel und mitfühlend ist. Gerade solche Menschen sind willkommenes „Futter“ für einige, nicht so nette Mitmenschen. Doch dies nur am Rande. Sascha ist schon seit vielen Jahren auf der Suche nach einem Mädel an seiner Seite. Eine, die zu ihm gehört und die er auf Händen tragen kann. Halt auf der Suche nach seiner großen Liebe, von der er so viel zu geben hat.
Ich gestalte bereits seit einigen Jahren im Rahmen meines Jobs eine Samstagsgruppe für unsere Klienten. Das Treffen ist jeweils 14-tägig, dauert je nach Thema ca 2- 2,5 Stunden und findet in den unseren Büroräumen statt. Die Themen werden auf die lebenspraktischen Dinge im Alltag ausgewählt, die sich unsere Klienten wünschen. Neben gesunder Ernährung, Musizieren, Hobbys, Haushaltskniffe, Stress/Entspannungsmöglichkeiten sind viele weitere Themen bereits behandelt worden und erfreuen sich immer wieder großer Beliebtheit und Wiederholungsbedarf.
Um zum Thema zurückzukommen…
Mein Sohn kam vor einigen Monaten mit der Frage, ob wir nicht eine Singlebörse, eine Partnersuche als Thema in der Samstagsgruppe behandeln können. Das Thema wurde in der Gruppe vorgestellt und fand bei allen großes Interesse. Einige von ihnen haben sich bereits selbstständig auf die Suche gemacht und sind im Internet meist auf werbeintensiven Seiten mit verdeckten Kostenfallen gestoßen. Also startete ich meine Vorbereitung des „Workshops“.
Mein Ansatz war es nun, dem Thema einen strukturierten und aufklärenden Rahmen zu geben, bevor wir das eigentliche Thema der passenden Partnersuche beginnen.
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Ich habe Internetrecherchen betrieben, habe mich auf den unterschiedlichsten Singleportalen eingelesen und habe die Informationen zusammengetragen. Im Internet habe ich ebenso auch seriöse Ratgeber für die Partnersuche von Menschen mit Handicap besucht und relevante Informationen auch hier zusammengestellt.
Daraufhin konnte das Thema mit dem Informationsmaterial in leichter Sprache und jeweiligen Kopien, welche an die Teilnehmer für ihre Mappen ausgeteilt wurde, zu einem Gruppentreffen behandelt werden.
Begonnen habe ich mit einem Vortrag über die Bedürfnisse eines jeden Menschen (angelehnt an der Bedürfnispyramide nach Maslow)
Nach der Gesprächseinleitung habe ich die Teilnehmer befragt, ob sie bereits Erfahrung mit der Partnersuche haben. Die meisten von ihnen suchen schon seit langer Zeit oft vergeblich und resignieren zunehmend. Erfahrungen mit Partnerbörsen im Internet haben ebenfalls einige mit oft negativem Ausgang gemacht (versteckte Kosten etc.)
Der nächste Aufklärungspunkt war das Thema „Risiken durch Online- Single-Portale“ und woran man seriöse Single- Portale erkennt (Infomaterial ebenso als Broschüre in leichter Sprache).
Nachdem die Risiken besprochen wurden, folgten die Überlegungen nach den Möglichkeiten. Während dem Gesprächsaustausch bildete sich dann die Idee, selbst eine Art Partnerbörse ins Leben zu rufen. Ideen hierzu wurden zusammengeführt. Um den Wirkungskreis zu vergrößern und damit auch das Gelingen zu steigern, wurde besprochen, inwieweit man durch Plakat- Aushang am schwarzen Brett der WfbM (Werkstatt für Menschen mit Beeinträchtigung) und anderen Werkstätten im nahen Umkreis in Gang bringen kann um möglichst großen Zulauf des Single- Spiele- Abend zu erhalten.
Zunächst wurden aus den Gruppenteilnehmern jeweils ein Mitarbeiter aus der WfbM sowie ein Mitarbeiter der anderen Werkstatt damit beauftragt, bis zum nächsten Gruppentreffen den pädagogischen Dienst der jeweiligen Werkstätten zu befragen, ob die Erlaubnis eines Plakats bzw. Verteilung von Flyern innerhalb der Werkstätten möglich sei.
Die Idee mit dem Single- Spieleabend wurde vom sozialen Dienst sehr begrüßt und man bat mich, zunächst einen Flyer zu erstellen, damit man diesen dem Betriebsstätten Leiter zur Genehmigung vorlegen kann (in der Regel werden Werbung und Aushänge nicht gern gesehen). Den Flyer habe ich dann in Berücksichtigung der Anschaulichkeit für Menschen mit weniger oder mehr Beeinträchtigung erstellt, damit auch MmB, die nicht lesen können, erkennen, um welche Veranstaltung es sich handelt. Dieser wurde dann an den pädagogischen Dienst der Werkstätten weitergeleitet zur Vorlage an die Leitung.
Die Erlaubnis wurde erteilt und das Plakat hängt in den Werkstätten aus. Die Flyer wurden in der Auflage von 5000 Stck gedruckt und die ersten Anmeldungen fanden schnell einen Platz auf der Liste. Bei gutem Verlauf sollten die regelmäßigen Treffen einen festen Platz in den Freizeitaktionen erhalten. Die Teilnehmer der „Bewusst- Leben“ Gruppe haben mit mir gemeinsam den Ablauf und die Vorbereitungen dieser Treffen gestaltet. Einige dieser Treffen haben bereits stattgefunden. Der Anfang ist schon recht mühsam. Meist waren es zunächst Männer und viel zu wenig Frauen, die sich angemeldet haben. Doch wenn wir daran arbeiten und immer genügend Mundpropaganda betreiben, wird der Männerüberschuss bald ausgeglichen sein. Dazwischengekommen ist und nun nur die Sache mit dem COVID19. Die Treffen liegen derzeit immer noch auf der Wartebank und warten darauf, dass sich bald wieder die Möglichkeit weiterer Treffen und ein mitlaufender Erfolg ergibt.
Ich werde dranbleiben und die Hoffnung, die ich in mir trage, wird nicht aufhören, daran zu glauben, dass die Zeit kommt, dass sich einige Herzen finden werden, die im Gleichklang den Tango der Liebe tanzen.
Einen wunderbaren und liebevollen Tag ❤ wünsche ich euch allen!