26.08.20 Wenn die Sehnsucht ruft, kommt die Liebe oft auf leisen Sohlen

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Liebesbrief P.K. an G.

Gerade ertappe ich meine  Gedanken abermals dabei in dem Moment, als sie ihr Bündel schnüren, im Begriff  sind  durch die Türe und  auf die Reise zu  gehen . 

„Hey, wo wollt ihr denn schon wieder hin? Ihr seid doch gerade erst wiedergekommen?

 „Na, was glaubst du denn wohl? Wir wollen das tun, was wir immer tun!“

  „Und  was wäre das?“

„Wir gehen  auf die Suche“

 „Auf die Suche  geht ihr… achso, naja, wenn ihr meint! Was sucht ihr denn jetzt schon wieder und wann kommt ihr wieder?“

„Warum  bist du nur immer so neugierig  was  wir  machen?  Interessieren solltest du dich  lieber dafür, warum  du auf der Welt  bist und was du hier zu suchen hast! Da du es nicht tust, müssen wir ja wohl diese Aufgabe  übernehmen.“

Sprachen es und weg waren sie.  Nun sitze ich da und  bin  genauso schlau  wie zuvor. 

Bevor ich  mich  aber nun zurücklehne und auf die Rückkehr  der  wuseligen Gedankenbande  nutz- und sinnlos in  Wartemodus verfalle, kommt mir gerade eine rührende Episode aus meinem Arbeitsalltag in  den Sinn, die ich euch  erzählen könnte. 

Es begab  sich  bereits letzte Woche während der  Betreuung. Aus  Datenschutzgründen sind die Namen  verändert. Der Rest hat sich so zugetragen  wie folgt:

Ich begleite  Paul bereits  seit  über  fünf  Jahren  und in dieser Zeit  hat sich ein gutes  Vertrauensverhältnis  aufgebaut. Ich  würde  mal behaupten, wir sind ein gutes  Team. Paul,  um die  60 J.,  ist geistig  beeinträchtigt und  kann  nicht lesen  außer  seinem Namen  in Druckbuchstaben sowie Zahlen  auch nicht schreiben.  Sein Wunsch ist es, schreiben und  lesen zu lernen.  Wenn die Zeit neben den anderen  Arbeiten  noch reicht, legen wir auch immer  mal  wieder eine  Übungsstunde  mit dem passendem Lernmaterial ein.

Sein großes Hobby ist  Fußball  und  er verfolgt  alle Spiele, die im  Fernsehen übertragen werden. Die Ergebnisse der  Spiele  notiert  er  in  einer  Tabelle.  Die verschiedenen Vereine  erkennt er  an  den  Vereinswappen. Am Montag  morgen, wenn wir gemeinsam den Lebensmitteleinkauf  planen, erzählt er  mir über  die Spiele vom vergangenen Wochenende.  Als  absoluter  Fußballleghasteniker bin  ich  dadurch immer bestens  über  die  Ergebnisse  informiert. Aber  dazu  mehr in  einer  anderen  Geschichte. 

Das, was ich  erzählen möchte, hat eher mit  einem  zarten  Gebilde  und  besonderem Kleinod der  Menschen  zu tun, dass sich da  Liebe nennt.

Paul  ist schon  seit  vielen Jahren  mit Linda zusammen. Sie haben sich im stationären Wohnbereich kennengelernt.  Paul wohnt  nun schon  länger im ambulant  betreuten Wohnbereich, sprich  in seiner eigenen Wohnung, in der er von uns  betreut  wird. Linda  aufgrund  ihres Betreuungsbedarfs, u.a.  Epilepsie im stationären  Wohnhaus.  Paul besucht sie dort  fast  jedes  Wochenende, bringt ihr  einmal im Monat die  Fernsehzeitschrift  mit und schon  mal Süßigkeiten, wenn ihr danach ist.

Vor etwa  zwei Jahren  erzählte  mir Paul von  einem  der  Besuche  bei  Linda und wollte  meine Meinung hören. „Die Linda möchte, dass wir  uns verloben.“  Ich fragte  daraufhin: „Und  wie  fühlst du dich damit? Ist das  für dich  in Ordnung  und sind deine  Gefühle  so  groß, dass  du das auch  möchtest?“  „Wir sind ja schon ganz lange zusammen.  Das  mit  dem verloben  kann man  machen.“  „Wie ist  das  Paul…  hast du denn auch  vor die  Linda  mal irgendwann zu  heiraten?  Früher  war das  so, dass, wenn man sich verlobt hat, wie ein Heiratsversprechen. Würdest  du denn die Linda auch gerne  irgendwann einmal heiraten wollen?“  „Das weiß ich nicht, vielleicht ja. Ich glaub, die Linda wünscht sich das  auch.  Ich hab  da nix dagegen.“  „Was  hältst  du  denn  davon, wenn du  der  Linda  mal einen schönen Brief schreibst  und  darin  deine  Gefühle zu ihr beschreibst?  Ich  helfe dir dabei, du sagst mir, was  ich schreiben soll, ich schreibe es vor  und  du schreibst es dann  mit der  Vorlage  ab.  Wenn du dann noch dazu  eine Rose  kaufst  und sie  ihr überreichst, dann hast du eine glückliche  Verlobte!  Frauen mögen das, wenn ihr Partner  sich so liebevoll  um sie bemüht kann  ich dir aus eigener Erfahrung erzählen.“  „Das  ist eine  gute  Idee“, erwiderte Paul. Gesagt,  getan! Linda  hat sich  übermäßig  gefreut.

In der  vergangenen Woche,  bei  einer  Schreib- und  Leseübung  sprach ich  Paul darauf  an, ob er  nicht nochmal einen Brief  an Linda schreiben möchte. Er  war  sogleich  damit einverstanden  und  wir setzten uns daran.  Den Brief  hat  er  abermals  mit einer  Rose  bei  seinem Wochenendbesuch  überreicht, die Freude  bei Linda  riesengroß und Paul war  stolz  wie „Oskar“.  Den geschriebenen Brief seht  ihr oben als Beitragsbild, ich durfte  ihn mit  Pauls Einverständnis ablichten.

Nun noch  das Fazit,  welches dieser  Erzählung zugrunde  liegt:

Mit  solch kleinen Gesten, kleinen  Hilfestellungen kann  man  große  Freude  verbreiten  und  Menschen, egal mit welchen Beeinträchtigungen glücklich machen. Das stärkt die  Teilhabe  an der  Gesellschaft und sie fühlen sich  als  Teil  des Ganzen  und nicht nur geduldet. Mit  der  passenden Unterstützung  leben die  Menschen mit  Beeinträchtigung  ein Leben wie jeder  Bürger  unseres  Staates.  Das Bundesteilhabegesetz schreibt zwar  die Inklusion vor und hat ganz  tolle  Ansätze,  doch  die tatsächliche Durchführung und  Umsetzung  der  Vorgaben steckt noch tief in den Kinderschuhen. Es wird  bedauerlicher  Weise  und manchen Hindernissen geschuldet, noch lange  Zeit auf die  tatsächliche und  umfassende Umsetzung dauern, bis dass es  spürbare Ergebnisse  in Sachen Teilhaberecht  gibt.

Unterstützen können wir alle  den  Vorgang  der Teilhabe, wenn wir über den  Tellerrand hinausschauen und darauf  achten, niemanden wegen seiner  Beeinträchtigung, seiner  Herkunft, Haut und Haarfarbe, seiner Religion  aus  der  Gesellschaft auszuschließen oder  zu verurteilen.

Es  gibt  noch  viel zu tun!  Gemeinsam  stärken wir die Gemeinsamkeit unserer  Gesellschaft! 

Die  Freude  in meiner  erzählten  Erzählung  um  Linda und Paul ist  so  groß, dass auch  ich  in diesem Fall  daran  teilhaben kann.  Schon alleine durch  das Gefühl, dem kleinen Amor  das Füllhorn der  Pfeile  angereicht  zu  haben, damit er  seine Arbeit  erledigen kann.

Nicht jedem Menschen begegnet  das  Glück. Manche sind ihr Leben lang  vergeblich auf der  Suche  nach dem Sinn und der Liebe des Lebens. Paul und Linda haben das  Ihre  bereits  gefunden und das erfreut mich und auch  mein Herz  sehr  für die beiden.

Ich bin  noch gerade dabei,  mich mit dem Lächeln meiner  Mundwinkeln  und  dem erwachenden Morgen zu beschäftigen  als mich ein freudiges, quirliges  „Halloho, hallöchen…  wir sind wieder da!“  meiner  Gedanken empfängt. Na, dann lasse ich sie doch gleich mal an  meiner Geschichte teilhaben  und lesen, die  sich  während ihrer Abwesenheit   unter meiner  Federführung in Worten auf  dem Papier niedergelassen haben.

Ich wünsche euch  allen einen  wunderbaren  Start in den Tag!

13 Antworten zu „26.08.20 Wenn die Sehnsucht ruft, kommt die Liebe oft auf leisen Sohlen”.

  1. Avatar von finbarsgift

    Fein hast du von Paul und Linda erzählt … Dankeschön dafür!
    Herzliche Morgengrüße vom Lu

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    1. Avatar von gedankenmusik

      Lieber Lu, guten Morgen 🌞 es freut mich sehr, dass dir meine kleine Geschichte zum heutigen Tag gefallen hat 🤗 und ich wünsche dir einen schönen Start in den neuen Tag ☺️

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      1. Avatar von finbarsgift

        Dankeschön *freu*
        Hab’s fein! 🎵🎶🎵🎶🎵🐦

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  2. Avatar von Machtvolle Vertrauens-Spiele - Autorin: Miriam

    Diese Begebenheit berührt mich sehr, vielen Dank, dass du hier davon erzählst. Und auch lieben Dank an Paul, dass er mit der Veröffentlichung seines so liebenswerten Briefchens hier einverstanden ist. Das berührt sicher die Liebe in vielen Herzen…
    Alles Gute für dich und Paul und Linda!
    Miriam

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    1. Avatar von gedankenmusik

      Liebe Miriam,

      ich danke dir von Herzen für dieses tolle Lob und freue mich riesig, dass dir mein heutiger Beitrag gefallen hat. Ich werde Paul sehr gerne den Dank aussprechen, er wird sich freuen und es wird noch mehr dazu beitragen, dass er eine positive Selbstwirksamkeit erfährt. Vielen lieben Dank auch für dein „mir folgen“ *lächel* Ich habe auch bereits mal ganz kurz auf deiner Seite geschaut, sieht sehr ansprechend aus und verspricht äußerst interessant zu sein. Jetzt muss ich aber leider nochmal los zu einem weiteren Arbeitstermin und werde später mit Ruhe bei dir vorbeischauen. Ich freue mich schon darauf! Herzliche Grüße Heike

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      1. Avatar von Machtvolle Vertrauens-Spiele - Autorin: Miriam

        Liebe Heike, wie schön, wenn ich Paul mit meinem Dank auch wieder Freude auslösen konnte, so springt die Freude wie ein Tischtennis-Ball hin und her und auch über die Tischgrenzen hinaus 🙂
        Danke für dein Feedback, dass meine Seite mit der Geschichte von Mari und ihrem Meister dich auf den ersten Blick anspricht. Die beiden und ich freuen uns auf deinen Besuch.
        Liebe Grüße von Miriam

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      2. Avatar von gedankenmusik

        Der Vergleich mit dem Tischtennisball gefällt mir liebe Miriam! Es fühlt sich gut an und im Leben ist alles im besten Fall ein „Geben und Nehmen“. So haben wir alle etwas davon.
        Ich wünsche dir einen angenehmen Start in den heutigen Tag!
        LG Heike

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      3. Avatar von Machtvolle Vertrauens-Spiele - Autorin: Miriam

        Danke, liebe Heike,
        auch dir einen guten Start in einen frohen Tag!
        ALLES Gute von Miriam 🙂

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  3. Avatar von Wortverdreher

    Was für eine berührende Geschichte. Schön zu wissen, dass so etwas passiert. Vielen Dank dafür.

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    1. Avatar von gedankenmusik

      Ich danke dir sehr für dein Lob 😉 Dieser, mein Job ist wirklich sehr erfüllend und deshalb bin ich auch mit ganzem Herzen dabei und freue mich immer, wenn ich jemandem helfen konnte. Herzliche Grüße Heike

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  4. Avatar von Kaya Licht
    Kaya Licht

    Mit einfachen Mitteln andere Menschen glücklich machen … sehr schön.

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    1. Avatar von gedankenmusik

      Liebe Kaya,
      du hast vollkommen recht. Es braucht ganz oft nur ganz wenig davon um Glück zu verbreiten *lächel*. Das Schönste daran ist, dass sich der eigene Krafttank automatisch immer wieder auffüllt. Liebe Grüße
      Heike

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  5. Avatar von bodyguard4you

    MERCI … vielmals …

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